Fortbildung macht Spaß!


Es reicht nicht, kein Talent zu haben. Man muß es auch verkehrt einsetzen. 


Um diesem Umstand abzuhelfen, gibt es Weiterbildungen, Kurse, Schreibwerkstätten, Expertenvideos und -konferenzschaltungen, besonders autorenwelt.de und neobooks.de sowie epubli.de hat man da als Neuautor so einiges zu verdanken. Oder wissen sie, meine Damen und Herren, liebe Freunde, etwa, was Plotten ist? Pinch? Plot turn? Midpoint? Foreshadowing? Resolution? 


Nicht? Das hab ich mir gedacht. Ich wußte es nämlich auch nicht. Bis vor kurzem. 


Ich habe gedacht, los, Dicker, setz dich hin und schreib was. Kann doch nicht so schwer sein. Du redest den ganzen Tag, außer, wenn Nachrichten kommen, da magst du gar nicht, wenn jemand dazwischenquatscht. Dann schreib das, was du sagst, einfach auf ein Blatt Papier, oder hau es in dein Schreibprogramm auf dem PC, oder dem iPad. 


Ich meine, na schön. Ich hab da was geschrieben. Einfach so drauflos. Discovery, nicht Outline. Einiges gefällt mir, sehr sogar, einiges hätte man besser machen können, einiges besser weggelassen. Bin ich deswegen 'Autor'? 'Schriftsteller'? 


Kafka, Böll und Kaschnitz würden sich Dreiviertel totlachen. 


In jäher Erkenntnis meines eigenen Unvermögens habe ich mich bei der VHS angemeldet. 'Mit dem Schreiben beginnen', heißt der Kurs. Dozentin: Annette Wild. Hm. Kenn ich nicht. ( Ich hätte ja auch mal googeln können. Aber auf das Einfachste kommt man halt nicht. ) Schreck laß los! An einem Sonntag! Und das ist dann auch noch der 13.! Und 6 Stunden lang ( es waren sogar 6 Stunden und 20 Minuten. )! 


Ich versuche, es kurz zu machen. Ich komme nach Hause und habe die ganze Nacht geschrieben. Jetzt ist es 6:30 Uhr, und ich bin immer noch nicht müde. Und ich habe beschlossen, das hier aufzuschreiben, um es nicht zu vergessen. Vermutlich breche ich anschließend vor Erschöpfung zusammen und werde mit Blaulicht in die Klinik gefahren, um aus einer Schnabeltasse Kraftbrühe eingeflößt zu bekommen. 


Es ist einfach großartig. Julia, die mich mit dem 3. Platz in einem Miss-Wet-Tshirt-Contest zum Lachen bringt, Verena, mit ihrer liebevollen, zarten Art, getrennt lebend mit zwei Kindern, Henrike, die wunderbare Formulierungen anwendet, um das Aroma von Lorbeer zu beschreiben, schließlich Petra, die Anästhesistin, in deren Fantasie ein Clubmanager und ein Torwart ein Verhältnis beginnen ... und, vor allem, Annette, die uns sich auf besondere Art gegenseitig vorstellen, eine Lügengeschichte über uns entwickeln, 'Karakul' spielerisch definieren läßt. Uns aufgibt, einen Menschen zu portraitieren. Ein Gewürz sinnlich zu erfassen - und zwar mit allen Sinnen! Einen Dialog zu entwickeln. Eine Heldengeschichte zu schreiben.


Und, ganz nebenbei, erfahren wir noch etwas über uns selbst. Daß wir uns empfinden können und sollen. In Freude und Schmerz. Und daß Selbstbewußtsein keine Schande ist. Und daß wir selbst uns kritischer sehen, als wir von anderen wahrgenommen werden.


Der einzige Tropfen Bitterkeit bleibt, daß kein Fortsetzungskurs angeboten wird. Also, ja, im VHS-Programm gibt es natürlich seitenweise wunderbare Kurse.


Ich will Annette.


Meine Oma hat gesagt: Man sieht sich immer zweimal im Leben.


Danke.