Darf ich Ihnen meine Heimatstadt zeigen? 
Tja, Leute, das ist Cuxhaven. Die "Stadt am Tor zur Welt", wie man dort etwas großspurig sagt. Cuxhaven bedeutete, als ich klein war, das Universum für mich. Dann wurde es immer enger, da reichtenurnoch Berlin. 
Inzwischen bin ich gern wieder dort .... leider ist das immer mit einem Friedhofsbesuch verbunden. Und Gedanken an verpaßte Gelegenheiten, miteinander zu sprechen .... 

Übrigens: wenn Sie nach Cuxhaven kommen, finden Sie gegenüber der Commerzbank das alte Karstadt-Haus nicht mehr, sondern eine wirklich schöne Ladenzeile. Ich habe damals versucht, der Neuen Cuxhavener Zeitung einen Leserbrief zu schreiben, keine Ahnung, ob er je veröffentlicht wurde ...

Gedanken zum alten Karstadt-Haus

Ich komme immer mal wieder nach Cuxhaven zurück. So froh, wie ich als junger Mensch war, es endlich verlassen zu können, so dankbar bin ich, in reiferen Jahren gelegentlich zurückkehren und auf den Spuren der Kindheit und Jugend, manchmal mit Tränen, manchmal mit Schmunzeln, wandeln zu können.

Heute ist ein schöner Tag, nicht wahr? Frühlingsanfang, das Thermometer klettert auf 21 Grad Celsius, warum nicht spontan nach Cuxhaven fahren und bei Da Dalto, wie schon zu Schulzeiten, einen Banana Split verdrücken, nach dem Pflichtbesuch in Brockeswalde, Mama harken?

Nach der tiefgekühlten Orgie ( kleiner als damals, teurer als damals, lecker wie damals ) noch mal eben die Nordersteinstrasse längslaufen, ach Gott, das Bali, in dem ich, 7jährig, 1964 meinen ersten Film, Mary Poppins, sah. Und da vorne? Was ist das für eine Baustelle? 

Gewiß, das alte Karstadt-Haus war nach der Konzernpleite eine Art hohler Zahn im Gebiss der Innenstadt, aber irgendwie ... für mich als Kind eine Art Wunderland, besonders in der Weihnachtszeit, wenn man rechts neben dem Eingang die liebevoll dekorierten Märchenfenster mit den beweglichen Figuren betrachten konnte, der böse Wolf, der immer wieder nach dem Rotkäppchen schnappt, oder der Prinz, der mit der Dornenhecke kämpft, die Dornröschen umgibt. 

Es gab einfach alles: Lebensmittel im Tiefgeschoss, Kleidung, Parfum, Schallplatten ... dahin retteten wir uns als Schüler, wenn Religion bei Weckwerth oder Sport bei Christow den Samstagvormittag zu ruinieren drohten. Schnell noch eine Cassette für den Recorder gekauft, eine Sinalco im Restaurant ... 

Schade. Etwas Neues wird entstehen, etwas Hinreißendes aus Glas und Chrom und gehobener Architektur. Und seien wir ehrlich: Schön war er wirklich nicht, der blöde, alte Betonklotz. Dennoch war er das Zentrum der Stadt. Und ein Stückchen Heimat.